Eine ungewollte Einreise nach China ohne Visum
Es ist der Horror für jeden Reisenden: ein Teil der Planung geht gewaltig schief. Nach einer Woche in Japan während meiner Weltreise, fand ich mich plötzlich an einem chinesischen Einreiseschalter wieder und das noch ohne Visum.
Der Check-In
Die Geschichte beginnt am Flughafen Tokyo Haneda in Japan, wo ich für einen Flug nach Hongkong über Shanghai Pudong einchecken. Obwohl ich lediglich umsteigen wollte, wurde ich nach einem Visum für China gefragt. Die Check-in-Mitarbeiterin wartete meine Antwort aber gar nicht ab, als sie ein altes China-Visum in meinem Pass sah. Ich war nämlich weniger als einen Monat vorher in China eingereist und hatte daher noch ein Visum für doppelte Einreise, was jedoch längst benutzt war.
Nachdem die Check-in-Mitarbeitern auch sichergestellt hatte, dass Deutsche ein Visum für Hongkong bei der Ankunft erhalten, verabschiedete sie sich mit einem „denken Sie in Shanghai an ihr Gepäck“ von mir. Da habe ich mich dann zwar gefragt, wieso mein Gepäck nicht „checked-through“ ist, aber aufgrund der schlechten Erfahrung mit genau dieser Airline wunderte mich gar nichts mehr. Ich begab mich also durch die Security und der Flug nahm seinen Lauf.
„We will soon arrive in Shanghai Hongqiao Airport“
Doch im Flugzeug dämmerte es mir dann, als ich folgende Durchsage hörte: „Please prepare for landing in Shanghai Hongqiao„. Es gab einen Grund für die Chinavisumfrage und ebenso für das Gepäck: Ich musste nicht nur umsteigen, sondern zu einem komplett anderen Flughafen und darüber wurde ich beim Ticketkauf nicht informiert. Das Bordpersonal konnte mir nicht weiterhelfen, Visa-On-Arrival gab es nur für Taiwanesen. Folglich hatte ich etwa fünf Stunden Zeit für den Transit ohne gültiges Visum.
Das Verhör
Auf die Alien-Arrival-Card schrieb ich mit großen Buchstaben Transfer und die Frau am Immigration-Schalter schien darüber so gar nicht erfreut zu sein. Ich erklärte mich mit „I will leave your country as soon as possible, if you let me enter it„. Sie forderte Verstärkung per Walkie-Talkie an. Diese holte mich ab und brachte mich in ein „Büro“. Plötzlich kam ich mir vor wie in einem Film: über dem einsamen Tisch in der Mitte des Raums eine Hängelampe, ein Mann in Uniform betrat Raum und bewaffnete sich, um mich zu bewachen und die Uhr tickte. Klischeehafter konnte es kaum sein.
Ich wurde ausführlich über die Situation befragt, mein Flugticket mehrfach kontrolliert und niemand schien Verständnis zu haben. Fießerweise standen werden auf meinem Flugticket, noch auf der Buchung die IATA-Codes der Flughäfen, sondern lediglich Shanghai. Dann wurde noch jemand von der Airline dazu gerufen, der das Ganze erklären sollte. Währenddessen wurde mein Pass einkassiert. Alle Leute unterhielten sich auf chinesisch und schienen ziemlich aufgebracht zu sein.
Ich wartete und schmiedete währenddessen Ersatzpläne. War meine Weltreise denn jetzt schon nach nur knapp drei Monaten vorbei? Ich war überrascht von mir: die Situation war durchaus ernst, jedoch war ich die Ruhe selbst und beantwortete sehr geduldig alle Fragen, die mir mehrfach gestellt wurden. Dann verließen alle außer der Wachmann den Raum. Die Frau, die mich befragt hatte, kam mit meinem Pass und einen riesengroßen Stempel zurück. Sie klappte den Pass auf, platzierte einen Stempel, der eine ganze Seite einnahm und schrieb etwas hinein. Anschließend erklärte sie mir die Bedeutung.
„This is a stay permit for 24 hours. You go to airport. If you don’t go, you go police. Take a taxi. Good luck!
Ich hatte es jetzt zwar geschafft einzureisen, doch ich musste noch meinen Flug erwischen an einem Flughafen, der etwa ein bis zwei Stunden entfernt war.
Das „andere“ Terminal
Raus aus dem Raum, wollte ich keine Zeit verlieren. Mein Rucksack lag als einziges noch auf dem Gepäckband und ich konnte gerade so noch eine Mitarbeiterin des Lost and Found davon abhalten, ihn einzukassieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, hob ich 100 Euro in RMB ab. Der andere Flughafen sollte ein bis zwei Stunden weg sein und jeder, den ich fragte, empfahl mir ein Taxi. Doch ein Chinese erbarmte sich und erklärte, dass es einen Bus vom anderen Terminal aus gab, der genauso zuverlässig sein sollte wie ein Taxi. Dafür müsste ich jedoch erstmal zum anderen Terminal. Vergleichsweise schnell fand ich einen kostenlosen Shuttle-Bus, der aber erst 20 Minuten später los fuhr. So war eine Stunde kostbare Zeit bereits am Flughafen vergangen. Ich sagte mir zwar „keine Panik“, konnte meine eigene Nervösität jedoch deutlich spüren.
Der Bus ohne Fahrplan
Angekommen am anderen Terminal fand ich mich null zurecht. Auch wenn Pudong ein internationaler Flughafen sein sollte, war 95% nur auf chinesisch beschriftet. Plötzlich traf ich auf zwei Japanerinnen, die denselben Bus suchten, aber von einem gerade geschlossenen Schalter ein Ticket hatten. Es gab auch eine Haltestelle, aber weit und breit keinen Bus. Auf die Frage, wann der Bus denn käme antwortete eine Aufpasserin „the bus will come“, allerdings war ihr einfach keine Zeitangabe zu entlocken. Daher setzte ich mir eine Deadline von 20 Minuten. Wenn innerhalb der 20 Minuten kein Bus kommen sollte, würde ich ein Taxi nehmen. Als ich gerade jemanden nach dem Ausgang fragte, kam der Bus doch noch an und ich konnte noch ein Ticket für 4 Euro kaufen. Jetzt hieß es Daumen drücken, dass dieser Bus pünktlich ist und maximal zwei Stunden braucht, denn dann würde ich es gerade so schaffen.
Die Hoffnung schwindet
Doch Pustekuchen, der Bus fuhr in den größten Stau, den ich je gesehen hatte, alle Hoffnung schwand und ich überlegte schon, wie ich an einen Ersatzflug kommen könnte, denn ich hatte noch einen weiteren Flug am nächsten Tag von Hongkong nach Vietnam mit einer anderen Airline. Zum Glück hatte ich kein Taxi genommen, denn das wäre ja noch viel teurer und keinesfalls schneller gewesen.
Der Stau löste sich, nach der Ankunft des Busses rannte ich „ganz entspannt“ so schnell ich konnte zum Check-in-Schalter, um es zumindest zu versuchen. Wobei die minimale Zeiz, die ich dadurch rausholen mich auch nicht retten würde.
Der Schalter war aber noch offen, ich durfte einchecken und hatte bei Ankunft noch etwa 45 Minuten, bis das Boarding begann. Das lag daran, dass mein Anschlussflug sehr zu meinem Glück verspätet war. Man… war ich glücklich und erleichtert, nun war auch endlich Zeit herauszufinden, warum das ganze überhaupt passiert war. Auf dem Online-Ticket und sämtlichen Dokumenten stand wie bereits erwähnt überall nur Shanghai und nicht der IATA-Code. Ich wusste zwar, dass der Flug von Pudong abflog, aber weder, dass es einen weiteren Flughafen gab und schon gar nicht, dass ich dort hin musste. Aber Glück im Unglück und einem Airport-Race von fünf Flughäfen in 24 Stunden kam ich in Hanoi an.
Überprüft immer genau, ob eine Stadt nicht mehrere Flughäfen hat und vor allem bei billigen Tickets, ob es nur ein normaler Umstieg oder eine Fahrt quer durch die Stadt wird. Das Visumproblem ist heutzutage übrigens keines mehr, denn Shanghai erlaubt das 72-stündige Transitvisum.
Auch spontan ohne Visum in China. Don’t Panic!