#0 Reboot – Irgendwie weiß ich manchmal nicht so richtig, wer ich bin
Schaut euch mal meinen letzten Beitrag an. Wann war der nochmal? Genau: vor über einem Jahr! Dieser Beitrag stand am Anfang einer geplanten Beitragsreihe über meine letzte längere Reise von Japan nach Deutschland, bei der ich einen Flug von Tokio nach Wladiwostok nahm und dann per Zug und Bus bis nach Kaiserslautern in Deutschland fuhr. Wie einst auch mein Blog sollte dies der Beginn einer epischen Sammlung von Beiträgen sein, die ich -offensichtlich- nie wirklich fertiggestellte. Nun ist es endlich an der Zeit für eine wichtige Veränderung:
Heute, als ich in einem Fernzug saß, stellt ich fest, dass ich eigentlich schon vor zehn Jahren mit dem Bloggen angefangen habe. Ist das nicht eigentlich Anlass zum Feiern? Ist es das? Vor zehn Jahren, als ich diese Website aufsetzte, war ich so unglaublich aufgeregt, weil ich eine Weltreise plante, die mich einmal um den Globus führen sollte. Eigentlich sagte ich immer: ich fahre von Kaiserslautern wieder zurück nach Kaiserslautern, aber ich nehme eben den langen Weg – den längsten Weg „nach Hause“. Was auch immer dieses „Zuhause“ bedeutet. Letztendlich führte mich dieser Weg über neun Monate durch 23 Länder. Vor „der“ Reise hatte ich eine große Vision für diesen Blog. Ich wollte den Menschen zeigen, dass ein winziger Mensch wie ich[1]Ich bin mit weniger als 1,60 m ziemlich klein und sehr schmal gebaut. die Welt bereisen kann. Ich hatte einen großartigen Start, berichtete über die Weltreise und so wuchs der Blog weiter ung weiter. Ich führte neue Arten von Blogbeiträgen ein, wie Kostenschätzungen, Ideen für Wanderungen und Städtetrips. Im Jahr 2014 startete ich sogar meinen eigenen YouTube-Kanal, aber auch dieser wurde genauso wie dieser Blog durch ich aufgegeben. Folgendes ist passiert:
Ich hatte überhaupt keine Ahnung vom Bloggen oder von YouTube, ich hatte keine Ahnung vom Schreiben und habe daher „einfach“ geschrieben, was ich persönlich interessant fand. Und genau das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich konnte meine eigene Perspektive zeigen, ich habe mich nämlich nie als den „Standard-Reisenden“ oder „Backpacker“ gesehen, der die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in nullkommanix abklappert. Aber dann… dann änderte sich etwas: Plötzlich hatte ich ein Publikum. Die Leute lasen tatsächlich, was ich schrieb. Das gefiel mir sehr, so sehr sogar, dass ich anfing zu recherchieren, wie ich meine Follower-Basis weiter ausbauen könnte. Das hat meine Art zu schreiben völlig verändert und damit auch meine Beziehung zum Schreiben, zum Bloggen und zu meinen Videos. Aber das ist gar nicht das Schlimmste, es hat auch meine Art zu reisen beeinflusst. Ich verspürte den Drang, bestimmte Orte zu besuchen, bestimmte Speisen zu probieren, und genau das tötete langsam aber sicher meine Leidenschaft für etwas, was ich als zentralen Teil von mir sehe: Das Reisen, das Erkunden und all die Abenteuer. Natürlich genoß ich Reisen immer noch, aber irgendwie -und das ist sehr schwer zu erklären- fühlte ich mich dann doch zu sehr für ein anonymes Publikum verantwortlich. Um meine Leidenschaft dan wiederum zurückzugewinnen, musste ich das Bloggen und alles weitere eine Weile aufgegeben. Irgendwann hätte ich allein von diesem Blog leben können. Aber das hätte zu viel Opfer für mich bedeutet[2]Ich habe mich früh gezielt dagegen entschieden, denn das hätte vieles verschoben. Jetzt bist du -der Leser, mein Publikum- mein Hauptaugenmerk, zusammen mit meinem Schreibstil. Ein Geschäftsmodell … Continue reading.
Gleichzeitig mit dem langsamen Absterben meines Blogs und dem Erlöschen meiner Leidenschaft fürs Schreiben gab es Veränderungen in meinem Privatleben. Ich schloss mein Studium ab und bekam einen tollen Job, den ich bis heute liebe – Spoiler: mein Job beinhaltet Reisen und sogar längere Auslandsaufenthalte. Anfang des Jahres bin ich sogar wieder ins Ausland gezogen. Mein Job gab mir auch die „perfekte“ Ausrede, um mein Bloggerleben komplett ausklingen zu lassen. Natürlich habe ich von Zeit zu Zeit oberflächlich über meine Reisen berichtet, darunter die oben erwähnte Serie von Japan nach Deutschland. Ich habe dieses „Ausklinken“ geschehen lassen, weil meine Leidenschaft für das Bloggen eben erloschen war, ich habe es geschehen lassen, weil es Zeiten gab und auch heute immer noch gibt, in denen ich irgendwie einfach nicht weiß, wer ich eigentlich bin. Nicht als Bloggerin, sondern als Mensch. Das hört sich vielleicht etwas krass an, aber es beschreibt am besten, wie ich mich fühle. Warum wird mir das gerade jetzt klar? Während einer weiteren langen Zugfahrt, auf der ich viele Dinge hätte tun können, anstatt diesen Beitrag zu schreiben. Schwierige Erkenntnisse, zumindest aus meiner Sicht, kommen dann, wenn man erlebt, dass ein Teil der eigenen inneren Werte offensichtlich versagt. Man erlebt dieses Versagen, und der Gipfel einer solchen Erfahrung war für mich gestern. Im Moment ist es nicht wichtig, was im Detail passiert ist, wichtig ist nur, dass es sich wie eine dieser seltenen Situationen anfühlte, in denen ich einen Schmetterlingseffekt (Butterfly Effect) erlebe. Gestern war der Beginn von etwas Größerem – eine neue (mentale) Reise, die mich dahin bringt, wo ich jetzt bin und danach irgendwohin weitergeht. Dieser Blog ist definitiv ein Teil davon und wird es für eine lange Zeit bleiben.
Nach zehn Jahren, einigen gescheiterten Blogging-Versuchen, Beitragsreihen, die ich begonnen und (bisher jedenfalls) nicht beendet habe, nachdem ich mich tausende Male im Kreis drehte und immer wieder die gleichen Fehler machte, ist es also Zeit für einen Reboot. Also:
Hey ihr. Ich bin Alise, das ist nicht mein richtiger Name, aber „Karola“ ist so schwer auszusprechen (für Nicht-Deutsche) und ich mag die Geschichte hinter „Alise“ sehr. Ich liebe es zu reisen und zu erkunden, aber ich reise langsam, mit dem Bus, mit dem Zug, ich gehe gerne und viel zu Fuß. Ich habe über 50 Länder besucht und in vier von ihnen sogar gelebt. Ich liebe unsere Natur, bin gerne im Wald oder am Wasser unterwegs – am liebsten sogar beides! Ich werde meine bisherigen Beiträge nicht löschen, denn sie sind Teil einer (mentalen) Reise, die ich vor langer Zeit antrat. Diese Reise ist ein nicht entfernbarer Teil von mir, und manchmal muss man eben eine andere Richtung einschlagen, um sich nicht mehr weiter im Kreis zu drehen. Für euch als meine Leser bedeutet das, dass sich die Struktur meiner Beiträge ändern wird, ich möchte auch einen Teil „meiner“ Geschichte erzählen, wie ich zum Reisen gekommen bin, was es für mich wertvoll macht und auch, was ich daran hasse. Und ihr? Wenn es irgendetwas gibt, das du mit mir über deine Reise, deine unerwarteten Wendungen und Schmetterlingseffekte teilen möchtest, lass es mich wissen.
Don’t Panic (dieser Satz wird sich wahrscheinlich nie ändern)
References
↑1 | Ich bin mit weniger als 1,60 m ziemlich klein und sehr schmal gebaut. |
---|---|
↑2 | Ich habe mich früh gezielt dagegen entschieden, denn das hätte vieles verschoben. Jetzt bist du -der Leser, mein Publikum- mein Hauptaugenmerk, zusammen mit meinem Schreibstil. Ein Geschäftsmodell hinter dem Blog hätte bedeutet, dass ich das mit den Werbekunden (Advertisern) hätte tauschen müssen, und das ist etwas, das ich absolut nicht möchte. |