Meine Erfahrung mit Erdbeben in Japan
Spätestens seit dem Tohoku-Erdbeben am 11.3.2011 ist so gut wie jedem bekannt, dass es schwere Erdbeben in Japan geben kann. Und nach nun über einem Jahr in Tokyo möchte ich gerne meine wenigen Erfahrungen mit Erdbeben teilen. Auf die Idee kam ich heute, als es ein langes Erdbeben gab und ich mir sicher war, dass mich Freunde und Familie wieder danach fragen werden. Tokyo ist einfach prädestiniert für Erdbeben, da in der Nähe drei tektonische Platten aufeinander treffen.
Die Japaner messen die Beben-Stärke in der JMA-Skala, diese gibt die Intensität eines Erdbebens an und das nicht nur im Epizentrum, sondern überall, wo man es wahrnehmen kann. Die Skala reicht von 0 (Normalzustand) bis 7 (Erdspalten entstehen, Häuser gehen kaputt,…).
Es gibt das weitverbreitete Vorurteil, dass es „sehr viele“ Erdbeben in Japan gibt, das stimmt auch, doch die meisten haben eine maximale Intensität von 1 und sind daher nur von Messgeräten spürbar. Wirklich spürbare gibt es, wenn es hochkommt, 1-2 im Monat in Tokyo. Von anderen Regionen kann ich wenig sagen, jedoch recherchiere ich häufig und die nördlicheren Präfekturen scheinen davon mehr betroffen zu sein.
Ich habe mir eine Erdbebenwarn-App installiert, allerdings reicht die Zeit in den meisten Fällen nicht, sodass das Beben eigentlich immer überraschend kommt. Beim Einrichten der Wohnung habe ich ein bisschen aufgepasst, dass nicht einfach so Dinge aus Schränken fallen können, doch bei einem wirklich starken Beben, kann man dann eher wenig retten.
Das stärkste Beben, was ich bisher mitbekommen habe, war von der Intensität 5-, das war während einer Reise und das erste wirklich spürbare Beben für mich in Japan überhaupt. Ich war echt erschrocken, die Möbel haben ganz schön geschaukelt, das ganze Gebäude irgendwie vibriert, vor allem die Fenster. Wenn heutzutage ein Erdbeben ist, warte ich kurz, wie es sich entwickelt, um zu entscheiden, ob ich Schutz suchen sollte. Ich kenne den nächsten Sammelplatz für den Notfall, denn diese sind überall ausgeschildert und falls wirklich Schlimmes passiert, so passe ich zuerst auf, dass mir nichts auf den Kopf fallen kann und suche dann besseren Schutz nach dem Beben, denn so lange dauert das gar nicht. Lange Beben sind etwa eine Minute. Aber wie gesagt, das Haus zu verlassen war bisher nicht notwendig.
Was viele nicht wissen, die meisten Schäden an Menschen und Sonstigem kommen gar nicht durch das Erdbeben direkt, sondern danach durch instabil gewordene Gebäude und vor allem Feuer. Jedes Haus hat eine Gasnotabschaltung und Rauchmelder für diesen Fall. Aufgrund der Erdbeben sind japanische Häuser ganz anders konstruiert als in Europa, zu dicht schließende Fenster z.B. würden springen. Es gibt kaum Häuser mit Keller, da diese viel zu teuer sind und sämtliche Stromleitungen sind überirdisch verlegt, da diese bei einem Beben leicht reißen können und es hinterher schwer ist, diese Stelle zu finden. Das Problembewusstsein ist definitiv da, daher werden Kinder bereits früh in speziellen Zentren und Simulatoren geschult und es ist immer mal wieder eine Broschüre mit Verhaltenstipps im Briefkasten. Jeden Tag um 17:00 Uhr ist auf allen Straßen eine Musik zu hören, diese ist einmal ein Orientierungspunkt für draußen spielende Kinder, dass es bald dunkel wird, aber eigentlich dazu da, um die Katastrophen-Lautsprecher jeden Tag zu testen.
Also alles wesentlich weniger schlimm, als man erwarten würde. Man sollte sich meiner Meinung nach einmal gut über das Verhalten im Ernstfall informieren und sich danach nicht zu sehr von Angst kontrollieren lassen.
Auch bei einem Erdbeben: あわてないでください! (Don’t Panic auf Japanisch)