[Gastbeitrag] Expo 2015: Essen in Mailand
Leider hatte ich dieses Jahr keine Kapazität die Expo in Mailand zu besuchen. Nur zu gut, dass ich jemanden kenne, der vor Ort war und zumindest davon berichten kann. Johannes Merkert hat die Expo besucht und exklusiv für Backpacker’s Guide to the World diesen Gastartikel geschrieben. Viel Spaß beim Lesen.
Seit jeher waren Weltausstellungen ungeeignet, um die Welt kennenzulernen: Nationen präsentieren sich selbst und stellen sich dabei gern in ein allzu positives Licht. Wer aber genau dieses Schlaglicht in die beschönigte Zukunft der Länder genießen konnte, wurde unterhalten, überrascht und auf Ideen gebracht.
Die Expo 2015 will auch die Zukunft zeigen. „Feeding the Planet – Energy for Life“ ist das Motto der Ausstellung – anscheinend gut gewählt, da die Besucher zu Tausenden nach Mailand strömen. Das Problem daran: Essen ist keine sonderlich neue Erfindung der Menschheit. Technisierung und Industrialisierung haben dafür gesorgt, dass wir mehr Nahrungsmittel produzieren können, aber nicht unbedingt bessere. Da kein Land zeigen will, wie unpersönlich und lieblos die moderne Essensproduktion abläuft, präsentieren die Pavillons in Mailand durchweg einen Blick in die Vergangenheit statt in die Zukunft.
„Durchweg“ muss ich fairerweise relativieren. Besonders viele Pavillons konnte ich nämlich nicht sehen. Die Expo öffnet um 10 Uhr. Bis 12:30 wartete ich in einer der vielen Schlangen vor den Sicherheitskontrollen mit Röntgengerät und Metalldetektor. Endlich im Gelände ging ich unter all den anderen Menschen unter, die in zweieinhalb Stunden durch über 20 Kontrollstellen gekommen waren. Wer schon mal am Flughafen war, kann selbst überschlagen: Ich schätze 50000 Besucher. Mit all denen konnte ich mich jetzt bei den Pavillons anstellen. Besonders beliebt: Die großen europäischen Länder (3 Stunden), dicht gefolgt von Emiraten und arabischen Königreichen (2,5 Stunden). Kleine europäische Länder konnte ich mit Glück in weniger als einer Stunde besuchen. Für China stand ich wieder zwei Stunden an. Die Pavillons einiger Entwicklungsländer konnte ich oft ganz ohne Wartezeit besuchen. Die verkauften aber meist nur Handwerkswaren und hatten sonst wenig zu zeigen.
Ein paar positive Aspekte gibt es aber doch: Liebhaber ausgefallener Architektur bekommen mit den Pavillons eine riesige Bandbreite interessanter Formen, Materialien und Ideen geboten. Auch innerhalb der Pavillons gibt es architektonisch viel zu entdecken: Getreidebüschel und Ackerbodenproben werden interessant beleuchtet. Die meisten Pavillons haben mehrere Stockwerke mit Zwischenstockwerken, Balkonen oder schiefen Ebenen.
Das Herz der Pavillons ist meist ein kleines Bistro, das Probierhäppchen aus der Küche des Landes für viel Geld verkauft. Vor den Pavillons präsentieren einige Länder bildende Kunst oder zu bestimmten Zeiten auch Musik oder Tanz. Außerdem ist es praktisch unmöglich sich zu verlaufen, da alle Gebäude entlang einer breiten, überdachten Promenade stehen. Wirklich vorbildlich sind Trinkbrunnen, an denen es kostenloses Wasser gibt – auch mit Kohlensäure.
Die Expo hat noch bis Ende Oktober geöffnet. Wartenschlangenliebhaber müssen sich darauf gefasst machen 40€ Eintritt zu zahlen und einen großen Teil der Pavillons an einem Tag nicht sehen zu können. Es kann sich lohnen bereits deutlich vor 10 Uhr anzukommen, um an den Sicherheitskontrollen weiter vorn in der Reihe zu stehen. Samstags war die Weltausstellung völlig überlaufen – unter der Woche ist vermutlich wesentlich weniger Geduld nötig.