[Erasmus+] Es runāju latviski – 3 Wochen Lettischintensivkurs
Wenn man ein Auslandssemester in Lettland macht, so hat man es nicht einfach. Ständig verwechselt irgendwer Lettland, Litauen und Estland. Ständig fragt jemand, wo genau man eigentlich hin will. Kompliziert ist es eigentlich nicht, denn Lettland gehört zur EU und hat seit 2014 auch den Euro als Zahlungsmittel. Besonders weit weg ist es nicht und die Austauschplätze sind nicht gerade begehrt.
Lettisch? Russisch?
Die lettische Sprache hat etwa zwei Millionen Muttersprachler, ist also eine vergleichsweise kleine Sprache. Viele wissen noch nicht einmal, dass es sie gibt und nehmen an, dass Russisch in Lettland gesprochen wird. Letzteres stimmt sogar, denn in Lettland gibt es eine russische Minderheit von etwa 30%. Viele Letten können aus den verschiedensten Gründen auch fließend Russisch. Die Amtssprache in Lettland ist Lettisch.
Wie klingt Lettisch eigentlich?
Meine Uni bietet einen Intensivsprachkurs an, dafür musste man sich bewerben, weil die Plätze beschränkt sind und zu meinem Glück wurde ich angenommen. Und dann hieß es in den letzten drei Wochen lernen lernen lernen. An sich nichts neues für mich, bereits während meiner Zeit in Japan habe ich zeitweise hauptsächlich Japanisch gelernt und sonst nichts anderes gemacht. Bei Lettisch ist es aber ein wenig anders. Denn wie klingt Lettisch eigentlich? (Hättet ihr gerne ein Video dazu? Schreibt es bitte in die Kommentare) Die meisten wissen es nicht und vermuten eine Ähnlichkeit zu Russisch. Zwischen Lettisch und Russisch gibt es bezüglich der Aussprache kaum Ähnlichkeiten. Wenn man beide Sprachen hört, so hören sie sich komplett unterschiedlich an. Im lettischen gibt es mehr deutsche Worte als russische, was an der Geschichte von Lettland liegt.
Die schmerzende Unterlippe
Das lettische Alphabet ist im Prinzip wie das deutsche (ohne w, q, x, z) und hat zusätzlich lange Vokale (ā, ū, ī, ē), die etwa 2,5 mal so lang sind wie die kurzen. Das o klingt irgendwie lustig, weil es oft „uo“ ausgesprochen wird. „Sch“ hat einen eigenen Buchstaben š, genauso wie „Tsch“ (č) und das stimmhafte „Sch“ (ž). Ganz bunt treiben es die „weichen“ Konsonanten ķ, ļ, ģ und ņ. Dabei ist das ķ irgendetwas zwischen k und t, das ģ zwischen d und g. Die anderen beiden sehr weiche l bzw. n. Wenn ich nicht meinen Freund als „persönlichen“ Letten und Vorsprecher hätte, hätte ich keine Ahnung, wie man das eigentlich ausspricht. Am Anfang tat mir immer die Unterlippe weh, weil diese scheinbar viel mehr eingesetzt wird als im Deutschen.
Für Deutsche gibt es übrigens sehr viele einfache Worte: Papīrs für Papier, trepes für Treppe oder forštate für Vorstadt. Andersrum gibt es welche, die etwas ganz anderes bedeuten, als man denkt: Maize heißt Brot und latviski lettisch. Wortwörtlich übersetzt ist es sogar ganz lustig, denn Lettisch hört sich irgendwie an wie altes Deutsch. Zum Beispiel: Nē, man nav siera bedeutet nein, ich habe des Käses nicht. Kompliziert ist es aber trotzdem, denn ähnlich wie im Deutschen gibt es Deklinationen und Konjugationen. Während man im Deutschen eher den Artikel verändert, ändert man im Lettischen die Wortendung, denn Artikel gibt es nicht. Das führt übrigens dazu, dass auch Namen dekliniert werden können. In meinem Fall Alise (Nominativ), Alises mašīna (Alises Auto, Genitiv), Alisei garšo siers (Der Alise schmeckt Käse, Dativ) und ar Alisi (zusammen mit Alise, Akkusativ). Und dann gibt es noch den Lokativ, der besagt, wo sich etwas befindet: Siers ir Alisē (Der Käse ist in der Alise). Besonders fies, dass dieser Fall meist nur durch eine Verlängerung des Vokals gebildet wird. Für Anfänger hört sich alles gleich an. Man ist nicht daran gewöhnt auf so etwas zu achten und sagt plötzlich ganz andere Sachen, wenn der Fall nicht stimmt.
„Die Letten sind singende Heiden“
In einer Beschreibung wurden die Letten als „singende Heiden“ bezeichnet und bisher kann ich zumindest das mit dem Singen bestätigen. Im Sprachkurs haben wir fast jeden Tag ein neues Lied gelernt. Lettland hat die größte Sammlung an Volksliedern und es kann schon mal passieren, dass ein Lette tut, was er eben tut, er singt ein Lied vor sich hin. Wer sind gerne über lettische Volkslieder informieren möchte, der kann auf Youtube mal nach „Latvian Songfestival“ schauen, denn in bestimmten Abständen kommen tausende Letten zusammen, um gemeinsam in traditioneller Kleidung zu singen.
Kann ich jetzt lettisch?
Abschließend waren die drei Wochen schon anstrengend, weil täglich neue Vokabeln und Grammatik dazu kamen. Dabei konnte man selten Pause machen und musste immer versuchen alles aufzunehmen. Wenn man den ersten Schock überwunden hat, dann ist Lettisch keine besonders schwere Sprache. Es ist auch sehr nett, dass Letten sich sehr freuen, wenn man ihre Sprache spricht. Großartig unterhalten kann ich mich aber auf gar keinen Fall, aber ich hoffe, dass sich das im Laufe des Semesters ändert.
Mit dieser Art Post gehe ich gerade einen neuen Weg und würde gerne eure Meinung wissen, ob euch diese Art Post gefällt, sodass ich in Zukunft vielleicht mehr schreiben kann.
Bez panikas!