Von Japan nach Deutschland: Viel Eis in Vladivostok
In diesem Beitrag meiner Serie „Japan nach Deutschland“ erzähle ich euch von einem Tag voller Eis und Schnee, leckeren Pfannkuchen und Fahrplanverwirrungen.
Nach einer Nacht im Flughafenhostel von Vladivostok ging es früh am nächsten Morgen in die Stadt. Bereits am Vorabend hatte ich geplant, welchen Zug ich nehmen möchte, weil diese in großen Teilabständen zum etwa 55km entfernten Stadtzentrum fuhren. Dort angekommen, wurde ich direkt von einer Leninstatur begrüßt und machte mich auf zu meinem Hostel, um mein Gepäck loszuwerden. Ich konnte es kaum erwarten in der komplett zugefrorenen Amurbucht zu wandern, denn diese konnte ich bereits aus dem Fenster des Zuges sehen. Das Eis war so dick, dass sogar Autos darauf fahren konnten. Der Checkin ins Hostel dauerte wenige Minuten und ich machte mich direkt auf zum Ufer, welches nur wenige Gehminuten entfernt war.
Bereits von Weitem waren viele Menschen auf dem Eis zu sehen. Die meisten waren mit Eisangeln beschäftigt. Anfangs noch etwas skeptisch, fühlte ich mich nach wenigen Schritten auf dem Eis sehr sicher. Trotzdem war es teilweise rutschig und ich musste aufpassen, wo ich hintrat. Stellenweise lag Schnee auf dem Eis, was sehr angenehm beim Laufen war, an anderen Stellen sank ich mit jedem Schritt ca. 10cm ein. Ich war einige Zeit auf dem Eis unterwegs und hätte sogar zur anderen Seite der Bucht laufen können. Allerdings wurde ich von Hunger gebremst und mache mich daher auf den Rückweg.
Ich hatte Lust auf Pfannkuchen, die ein elementarer Bestandteil der russischen Küche sind. Außerdem hatte ich echt Lust auf Käse, der in Japan bekanntermaßen selten und teuer ist. Beim Schlendern durch die Straßen fand ich das Restaurant „Ух ты, блин!“ (wörtlich übersetzt: „Ach du Pfannkuchen!“, passender ist allerdings „Wow, krass!“) und das hörte sich so an, als wäre es genau wonach ich suchte. Für wenige Rubel (ca. 2 Euro) bekam ich einen Käsepfannkuchen mit Getränk. Da wurde mir nochmal klar, wie einfach ich in Russland an guten und günstigen Käse kommen kann. Nach dieser Stärkung schaute ich mir die Stadt an.
Besonders groß ist Vladivostok nicht, weshalb ich alles locker zu Fuß erreichen konnte. Wobei ich zugeben muss so wirklich geplant hatte ich meinen Aufenthalt nicht und schaute eher, wo mich ein Weg hinführte. Er führte mich zu einer Hafenpromenade mit einem Kriegsdenkmal für den zweiten Weltkrieg. Konkret war es der sowjetischen Pazifikflotte gewidmet. Dort war sogar ein U-Boot (C-56), welches man auch von innen besichtigen konnte. Zugegebenermaßen war die ganze Kulisse ein wenig abstrus, denn im selben Hafen lag ein Teil der aktuellen russischen Pazifikflotte. Mit einem Kriegsdenkmal im Rücken bereit für den nächsten Krieg? Ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, was ich davon halten soll. Umweit vom Hafen befindet sich der Zentralnaja Ploschtschad („zentraler Platz“), auch hier befindet sich ein Kriegsdenkmal. Diesmal wird an die Bürgerkriegsjahre von 1917 bis 1922 und an die Gründung der Sowjetunion erinnert. In Russland und in den ehemaligen Sowjetrepubliken gibt es heute sehr viele solcher Denkmäler, die teilweise auch als sehr kontrovers wahrgenommen werden, allerdings soll das nicht das Thema dieses Beitrags sein. Trotzdem stimmen mich solche Denkmäler immer sehr nachdenklich. Andererseits befindet sich an der Promenade ebenfalls ein Denkmal für den Gulag-Überlebenden Alexander Solschenizyn. Solschenizyn veröffentlichte mehrere Bücher über seine Zeit im Gulag und war ein bekannter Regime-Kritiker der Sowjetunion.
Vladivostok ist vor allem deshalb bekannt, weil es der Endpunkt der 9.288km langen Transsibirischen Eisenbahn ist. So hörte ich auch zum ersten Mal davon. Genau für die Fahrt mit der Transsib wollte ich meine Vorräte auffüllen und suchte deshalb einen Supermarkt. Verglichen mit Japan kam mir alles so unendlich günstig vor und ich kaufe erstmal eine Menge Haferflocken und gutes Brot. An Board der Transsib gibt es zwar ein Restaurant und man kann sich auch an Bahnhöfen mit Essen versorgen, allerdings wollte ich für die drei Tage ein Board einen guten Grundstock an Essen einpacken und auch etwas zum Teilen mit Mitreisenden kaufen. Falls so eine Essensliste für euch spannend ist, kann ich gerne mal was zusammenstellen. Vor Fahrtantritt, musste ich noch meinen Online-Voucher in ein Ticket tauschen, allerdings betraf das lediglich die internationale Strecke Moskau-Kyiv. Zur Sicherheit machte ich das bereits in Vladivostok und es ging ganz problemlos am Bahnhof.
Es wurde so langsam dunkel und ich packte meine Sachen im Hostel zusammen und gönnte mir gutes Brot zu Abend. Ich war perfekt für die Abfahrt am nächsten Tag vorbereitet und schaffte es sogar ein Video zu schneiden. Die Abfahrt am nächsten Tag. Wann war die nochmal? Irgendwann mittags um 12:00 Uhr rum oder so? Die russischen Bahn bietet eine App an, auf die man sich auf die Tickets laden kann, außerdem bekommt man aktuelle Informationen zu Zügen und kann jederzeit die Route nachschauen. Ich öffnete die App, um nochmal alle Daten zu überprüfen. Dazu muss ich sagen, dass Fahrpläne in Russland super verwirrend sein können, weil es viele Zeitzonen gibt. Die App zeigte mir folgendes an „Abfahrt in drei Stunden“. Also etwa um Mitternacht. Puhh, das war ganz schön knapp, hätte ich nicht nochmal alles überprüft, hätte ich den Zug verpasst und das widerum hätte Auswirkungen auf die gesamte Restplanung gehabt. In der Dunkelheit machte ich mich auf zum Bahnhof und hob noch Geld in einer sehr zwielichtigen Ecke ab. Vladivostok wirkte auf mich vollkommen sicher, auch wenn ich anderes von Russland gewohnt war. Am Bahnhof angekommen, konnte ich dann entspannt auf meinen Zug warten.
не паникуй!